Dienstag, 6. Februar 2018

Angst ist ein nutzloses Gefühl

Wir alle verspüren Angst. Angst ist nützlich, wenn wir in Situationen geraten, in denen uns Gefahr für Leib und Leben droht. Nur so können wir schnell genug reagieren und die Kraft aufbringen, die nötig ist, um aus der gefährlichen Situation zu entkommen. Völlig fehl am Platze ist sie aber in den meisten Fällen des Alltags. Und gänzlich unsinnig wird sie bei Ereignissen, deren Ausgang wir nicht beeinflussen können und die ganz und gar nicht bedrohlich im eigentlichen Sinne sind. Das ist zum Beispiel der Fall bei Lesungen, bei der Vorstellung des neuen Covers auf Facebook, oder aber beim Veröffentlichen eines Blogposts wie diesem hier.

Wovor fürchten wir uns eigentlich? Das, was uns so bedrohlich erscheint, ist nicht die Situation selbst, sondern oft die Furcht vom Publikum abgewiesen zu werden (zumindest dann, wenn man nicht zu Depressionen neigt). Uns gehen tausende Gedanken durch den Kopf: »Was ist, wenn den Leuten nicht gefällt? – Was passiert, wenn ich meine Lesung in den Eimer haue? –Wie kann ich noch etwas Interessantes schreiben, wenn doch schon alles geschrieben scheint.« usw.

Das alles sind Gedanken, die dem durchschnittlichen Autoren bzw. Autorin spätestens dann kommen können, wenn man sich entschlossen hat, das eigene Werk einem wie auch immer gearteten Publikum zu präsentieren. Dabei ist völlig gleich, welche Ausprägung diese Angst nun annimmt: Im Kern liegt immer eine Angst vor Dingen, über die man keine Kontrolle hat. Ich habe Angst vor der Reaktion des Publikums, Angst, dass meine Geschichte nicht gefällt, dass ich mich zum Trottel mache usw. Das sind in der Regel alles Dinge, auf deren Ausgang ich keinen Einfluss habe. Darum hat die Angst, die ich empfinde auch keinen Nutzen, weil sie keine Veränderung in Bezug auf die Umstände, die meine Angst verursachen, bewirkt.

Es ergibt zum Beispiel gar keinen Sinn, nichts zu schreiben, weil ich mir Gedanken darum mache, dass das, was ich schreibe, nicht gut genug sein könnte und die Leser meinen Text in der Luft zerreißen würden. Es ergibt auch keinen Sinn, sich vorher Sorgen zu machen, dass man sich auf der Lesung blamieren wird, weil man nicht gut genug sind.

Viel wichtiger ist stattdessen, sich auf Dinge zu konzentrieren, die man tatsächlich beeinflussen kann. Habe ich meine Materialien so zur Hand, dass ich die Informationen, die ich brauche, sofort finde? Habe ich den Text, den ich präsentiere, Korrektur gelesen? Habe ich die Lesung geprobt?
Ich habe zwar vielleicht auf die äußeren Umstände keinen Einfluss, sehr wohl aber auf die Art und Weise, wie ich mich diesen äußeren Umständen stelle. Sich gut vorzubereiten ist eine der Strategien, die hilfreich sind, um mit der Situation fertig zu werden, ganz einfach, weil es einem die Sicherheit gibt, alles getan zu haben, um mein Anliegen so gut wie möglich vorbringen zu können.

Wichtig ist, dass man sich einen »Werkzeugkasten« an Vorgehensweisen zurechtlege, der mir hilft, auch in schwierigen Momenten Ruhe zu bewahren. Für mich hat sich die sogenannte WOOP (Wish Outcome Obstacles Plan)-Methode als hilfreich erwiesen. WOOP basiert darauf, dass man sich nicht allein auf das mögliche Ergebnis konzentriert, sondern darauf, welche Hindernisse überwunden werden müssen, um das im Wunsch definierte Ziel zu erreichen. Wenn ich  beispielsweis Lesungen halten will (Wish), aber Angst vor dem Auftritt habe, kann ich zum Beispiel als Ergebnis (Outcome) formulieren, dass ich eine gute Lesung abliefere. Was sind nun die Hindernisse (Obstacles), die mich daran hindern, dieses Ziel zu erreichen? Habe ich zum Beispiel Angst, vor anderen Leuten zu sprechen? Rede ich undeutlich? Sobald ich weiß, wo die Probleme liegen, die mich an der Verwirklichung meines Ziels hindern, kann ich einen konkreten Plan entwickeln, diese zu überwinden (Plan). Das kann zum Beispiel bedeuten, dass ich in einer kleinen Location anfange (Zum Beispiel bei einer Wohnzimmerlesung), oder mit anderen Autoren zusammen auftrete, sodass nicht der ganze Abend an mir hängt.

Doch letztendlich ist es ganz gleich, welche Methode man anwendet, seine Angst zu überwinden, solange sie funktioniert. Wichtig ist auch, dass man sich durch Fehlschläge nicht abschrecken lässt, sondern auch in Bereichen, die uns unangenehm sind, Routine entwickeln. Je öfter wir uns unserer Angst stellen, desto weniger Macht hat sie über uns. Das tritt aber nur dann ein, wenn man planvoll vorgeht. Man muss sein Ziel vor Augen haben. Sich einer Angst erzeugenden Situation immer wieder auszusetzen, ohne einen Weg zur Verbesserung zu finden, ergibt einfach keinen Sinn. Im schlimmsten Fall muss man sich professionelle Hilfe suchen.

Keine Kommentare: