Freitag, 5. Dezember 2014

Autoren und Lektoren: Ein gespaltenes Verhältnis?


Wenn ich in den verschiedenen Autorengruppen auf Facebook unterwegs bin, fällt mir immer wieder auf, dass gerade unter den Indie-Autoren/Selfpublishern teilweise sehr seltsame Vorstellungen darüber kursieren, was die Aufgaben eines Lektors sind. Ich möchte das heute einmal andiskutieren und außerdem einen kleinen Einblick geben, was ein Lektor so den ganzen langen Tag tatsächlich tut. Ganz zum Schluss gibt es ein paar Tipps, wie man mit einfachen Mitteln dafür sorgen kann, dass das eigene Manuskript besser wird.

Gängige Vorurteile


Zu den gängien Vorurteilen, denen ich in den verschiedenen Autorenforen begegnet bin, gehören Sätze wie, "Das sind die, die vom Verlag angestellt sind, um Bücher abzulehnen. Die schreiben dir deinen Text um, um ihr eigenes Ego zu pflegen / ihre Sicht der Dinge durchzudrücken. Die kürzen meinen Text zusammen, bis ihn keiner mehr wiedererkennt" usw. Das ist natürlich Unsinn.

Die primäre Aufgabe eines Lektors ist nicht, Bücher abzulehnen, sondern die Publikationen, die vom Verlag angenommen werden, in eine veröffentlichungsreife Form zu bringen. Das Ego eines (guten) Lektors hat auch wenig mit seiner Arbeit zu tun. Es geht auch nicht darum, einen Text bis zur Unkenntlichkeit zu verstümmeln.

Was ein Lektor tatsächlich tut


Meine Hauptarbeit besteht darin, dass ich als Redakteur einer Fachzeitschrift (von Büchern allein kann man nicht leben) die Manuskripte der verschiedenen Fachautoren so bearbeitet, dass sie vom Aufbau her in das Konzept des Heftes passen. Das kann von einem simplen Absuchen des Manuskripts nach Tipp- und Rechtschreibfehlern bis zum fast kompletten Neuschreiben des Artikels reichen, wenn die Vorlage von der Form her einfach zu schlecht ist (was sehr selten vorkommt). Meistens liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Neben Rechtschreibfehlern sind die häufigsten Fehler in der falschen Anwendung von Fällen oder in falsch gebauten oder unvollständigen Sätzen zu suchen.

Ein beliebter Fehler ist – zumindest bei den Artikeln – ein Mangel an Struktur oder aber, als Extrem am anderen Ende des Spektrums, ein Überschuss derselben. Viele Artikel haben keinen ordentlichen Vorspann sowie keinen definierten Schluss und gelegentlich auch keine Gliederung, so dass meine Aufgabe als Redakteur darin liegt, dem Leser einen Einstieg und einen Ausstieg aus dem Text zu geben. Es gibt aber auch Artikel, die mit einer tiefgestaffelten Gliederung aufwarten und im Wesentlichen aus Aufzählungspunkten bestehen. Hier ist es wichtig, die Gliederungsebenen zu reduzieren und aus den Aufzählungen ganze Absätze zu machen.

Nach der Manuskriptkorrektur geht der bearbeitete Text an den Autoren, der schließlich den Text mit den von ihm freigegebenen und neu hinzugefügten Korrekturen an uns zurückschickt. Diese Freigabefassung wird in das Layout gegeben, wo dann die endgültige Druckfahne hergestellt wird. Diese wird sodann noch mehrmals überprüft, um Konvertierungs- und eventuell übersehene Fehler auszuschließen, bevor das Heft schließlich an die Druckerei gesendet wird. Von dieser kommt schließlich der finale Plott (Ein Abzug der Druckplatten/-daten, heutzutage meist digital), der noch einmal vor der endgültigen Freigabe genau kontrolliert wird.

Bei den Büchern ist das Procedere im Wesentlichen nicht anders, lediglich der Umpfang ist größer. Bei Büchern muss man zudem mehr auf die inhaltliche Konsistenz achten. Ansonsten gelten dieselben Regeln wie für einen kurzen Artikel, man muss auf die Sprache achten, schauen, dass die Übergänge stimmen, dass keine Rechtschreibfehler im Text sind oder alle Namen und Bezeichnungen stimmen. Bei Büchern ist es außerdem wichtig, auf die inhaltliche und logische Konsistenz des Textes zu achten.

Die Texte und die Inhalte ändern sich, aber das Handwerk bleibt gleich.


Eine Sache, die wichtig ist, aber gern übersehen wird, ist, auf das Layout zu achten: Stimmt der Satzspiegel? Ist die Paginierung richtig? Sind alle Seiten da? Sind die Grafiken (so vorhanden) da und in der richtigen Auflösung? Sind die Schriftarten alle richtig gesetzt?

Das alles sind Fragen, denen man sich spätestens vor dem Hochladen des Buchblocks auf den Server der Druckerei stellen muss.

Was tun, wenn man sich keinen Lektor leisten kann?


Die wenigsten Independent-Autoren werden sich einen professionellen Lektor leisten können. Es gibt aber ein paar kleine Tricks, wie man auch von zu Hause aus die Qualität seiner eigenen Texte verbessern kann.
  1. Gehe zuerst alle formalen Aspekte durch, wie sie oben beschrieben sind.
  2. Den Text Zeile für Zeile lesen: Drucke das gesamte Manuskript aus, nimm ein weißes Blatt und lege es auf die jeweilige Seite. Ziehe dieses Blatt Zeile für Zeile nach unten. So ließt du jeweils immer nur diese eine Zeile.
  3. Nutze dein Handy oder PC, um dein Manuskript in eine Audiodatei zu diktieren. Höre dir diese Datei an. So kannst du sprachliche Schwachstellen im Text entdecken. Alternativ kannst du auch  jemand anderen den Text vorlesen lassen und das aufzeichnen. Höre dir die Aufnahme mehrmals an, bis du alle Fehler gefunden hast.
  4. Bei Textteilen wie dem Titel kannst du mit einem Bleistift dünne Striche zwischen den Silben machen. so fallen dir Fehler schneller auf. Lies dir selbst den Titel-Text wie ein Erstklässler vor.

Ich hoffe, dass diese kleinen und einfach umzusetzenden Tipps für euch eine Hilfe sein können, denn auch bei einem selbstverlegten Buch sollte das oberste Ziel sein, ein Produkt so gut wie möglich zu produzieren.

1 Kommentar:

Jörg Siefke-Bremkens hat gesagt…

Tamaro Samaro ist ein größerer Fehler in meinen Ausführungen aufgefallen. Ich habe den Fehler bereits korrigiert und möchte mich deshalb für Tamaros Hinweis bedanken!