Sonntag, 21. Oktober 2012

Poesie ist, wenn‘s in den Ohren wehtut




Um euch die Wartezeit bis zur Fertigstellung meines Riesenposts zu verkürzen, gibt es hier eine kurze Randbemerkung über die Dichtkunst (und damit meine ich nicht die Klempnerei):

Neulich habe ich ein altes Notizbuch mit Gedichten wiedergefunden, die ich mit anfang zwanzig geschrieben habe. Nach dem Durchblättern des Buches war mir klar, warum ich das Dichten wieder aufgab. Anbei ein Beispiel:

O.T.

Jeder Baum,
jedes Gesicht
schreit deinen Namen.

Selbst die Stille ist
ein dumpfes Dröhnen.

Da ist nichts,
was die graue Leere
vertriebe,

nichts,
was die Zeit vergessen
machen könnte.

Zwei Stunden können
eine Ewigkeit
sein.

Das ist also einer meiner weniger schlimmen poetischen Ergüsse... Und das ist nur das Stück, dass ich zu zeigen mich getraut habe. Die restlichen „Werke“ sind weitaus schlechter zu ertragen, ganz abgesehen davon, dass alle Zwanzigjährigen offensichtlich schwer von Liebeskummer und Hormonschwankungen gezeichnet zu sein scheinen. Ebenso offensichtlich war ich da keine Ausnahme.

Andere „Poeten“ haben da anscheinend weitaus weniger Skrupel und veröffentlichen fröhlich, was ihnen durch den hirninternen Poesie-Prozessor geflossen ist. Das Ergebnis sieht dann häufig so ähnlich wie dieses hier aus:

Lieber Onkel Theodor,
es kommt mir so vor,
dass wir dich
seit Jahren kennen,
darum wollen wir
deinen Geburtstag
nicht verpennen.

Darum wollen wir
dir sagen,
du sorgst immer gut
für unseren Magen
an diesen großen
Feiertagen.

Desahlb wünschen wir
dir das Beste
und uns noch
viele, viele dolle Feste.

Wer eine größere Familie sein Eigen nennt, wird sicher schon des öfteren das Glück gehabt haben, derartige Dichtkunst von poetisch motivierten Onkeln oder Tanten serviert bekommen zu haben. Im Prinzip ist das auch kein Problem, solange es nicht über den Familienkreis hinauswandert. Als Übung zur Weiterentwicklung sprachlicher Fähigkeiten ist es ja nicht schlecht, wenn man möglichst viel schreibt. Dazu gehört - das liegt nun einmal in der Natur der Sache - viel Schlechtes. Nur sollte man sich vorher gut überlegen, ob etwas tatsächlich veröffentlichungswürdig ist, gerade bei Gedichten. Leider tun das nicht alle.

Das Problem an schlechter Dichtkunst ist nicht, dass sie geschrieben, sondern dass sie veröffentlicht wird.

Wer sich einmal anschauen will, zu was der eigene Computer in Sachen Dichtkunst in der Lage ist, sollte sich einmal das Programm JanusNodes anschauen.

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